Jetzt starte ich ein Sportprogramm – aber wie?
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Michael Latzke, Personal Trainer
Gastblogbeitrag Michael Latzke, Personal Trainer
Tägliche Aktivität und Trainingsstart
Die täglich fortschreitende Technologisierung unserer Gesellschaft geht mit einer Verringerung der körperlichen Aktivität einher. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Bewegungsmangel vor allem in industrialisierten Ländern stark verbreitet. Weltweit bewegen sich jede 3. Frau und jeder 4. Mann zu wenig.
Noch vor wenigen Jahren musste man aufstehen, um am Fernsehapparat einen Sender auswählen oder über das Festnetz telefonieren zu können. Durch Fernbedienung, Mobiltelefon und Sprachsteuerung funktionieren solche Prozesse heute, ohne einen einzigen Schritt zu machen.
Wissenschaftler haben errechnet, dass allein dadurch circa 150 Kilometer pro Jahr eingespart werden. Das entspricht einem Energiewert von bis zu 6000 Kilokalorien. Etwas vereinfacht gesagt, bedeutet das: Werden diese eingesparten Kalorien nicht verbraucht, nimmt man pro Jahr 0,8 Kilogramm zu.
Dieser drastische Rückgang an körperlicher Aktivität bewirkt einen deutlichen Anstieg diverser Zivilisationskrankheiten wie beispielsweise erhebliche Übergewichtsprobleme, Bluthochdruck und Diabetes Mellitus.
Die WHO empfiehlt daher, basierend auf diversen Studien, 10.000 Schritte täglich zurück zu legen.
Das entspricht einer Strecke von circa 6 bis 8 Kilometern. Der somit erhöhte Energie-/Kalorienverbrauch hilft beim Abnehmen, verbessert diverse Blutwerte und vermindert das Diabetes Mellitus-, Krebs- und Herzinfarktrisiko.
Ärzte und Wissenschaftler empfehlen weiters, diesen Mangel an Bewegung durch gezielte körperliche Aktivität auszugleichen. Darüber hinaus sollte die körperliche Leistungsfähigkeit durch ein gezieltes Training langfristig gesteigert werden. Sportliches Training gilt als wirksamstes „Medikament ohne Nebenwirkung“, denn es besteht so gut wie keine Kontraindiktion für gesteigerte körperliche Aktivität.
Ein häufiger Fehler zu Trainingsbeginn ist eine Über- oder Unterforderung. Eine Überforderung hat zur Folge, dass beispielsweise Gelenke oder die Wirbelsäule zu schmerzen beginnen. Es kann auch zu einem übertriebenen Muskelkater (Mikrorisse in einzelnen Muskelfasern) oder sogar zu einem Übertraining kommen. Ein Übertraining bewirkt unter anderem Abgeschlagenheit, verstärkte Müdigkeit oder auch eine erhöhte Infektanfälligkeit.
Im Gegensatz dazu kommt es bei einer Unterforderung zu keiner sichtbaren Leistungssteigerung und diverse Trainings- beziehungsweise Fitnessziele werden nicht erreicht. Jede Trainingsbelastung, egal ob Ausdauertraining oder Krafttraining muss eine bestimmte Intensität (Anstrengungsgrad) erreichen um Anpassungen im Organismus (Herzkreislaufsystem, Muskulatur,…) zu bewirken.
Damit diese Fehler nicht auftreten, wurden in der Sportwissenschaft einige Kriterien entwickelt, die für ein nachhaltiges und gesundheitsorientiertes Training wichtig sind.
Zwei dieser sogenannten Trainingsprinzipien werden in Folge vorgestellt. Prinzip des trainingswirksamen Reizes
Körperliche Aktivität muss eine bestimmte Intensität überschreiten, damit ein Leistungszuwachs erzielt werden kann.
Reizstufenregel |
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Reizintensität: |
Wirkung: |
Unterschwellige Reize –> |
Keine Wirkung |
Schwach überschwellige Reize |
–> Funktionserhaltend |
Stark überschwellige Reize –> |
Optimale Anpassungserscheinungen |
Zu starke Reize –> |
Funktionsschädigend |
Bei Ausdauertraining wird häufig eine zu unterschwellige Intensität gewählt, bei welcher man sich dann nur im sogenannten „Regenerationsbereich“ befindet. In diesem Trainingsbereich kommt es zu keiner wirklichen Leistungssteigerung. Um einer Verbesserung zu erzielen, sollte mindestens im Grundlagenausdauerbereich trainiert werden. Die Herzfrequenz für diesen Trainingsbereich ist von Person zu Person unterschiedlich und kann nicht mit einem fixen Wert pauschal festgelegt werden.
Im Krafttraining verhält es sich ähnlich. Damit von einem tatsächlichen Krafttraining gesprochen werden kann, muss die Intensität mindestens 30% der individuellen Maximalkraft erreichen. Hierfür ein Beispiel: eine Person kann ein Gewicht von 50kg maximal einmal bewältigen. Von dieser Maximalkraft sind die 30% dann 15kg. Es muss also mit mindestens 15kg trainiert werden, um eine merkbare muskuläre Anpassung zu erzielen. Wird mit niedrigerem Gewicht trainiert kann nicht mehr von Krafttraining gesprochen werden. Somit sollte bei einem zielgerichteten Krafttraining jede einzelne Übung individuell abgestimmt werden.
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Prinzip der ansteigenden Belastung
Das Prinzip der ansteigenden (progressiven) Belastung ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Belastung, Anpassung und Leistungssteigerung. Nach diesem Grundsatz müssen die konditionellen Anforderungen der trainierenden Person systematisch gesteigert werden. Bleiben Trainingsbelastungen über einen längeren Zeitraum konstant, dann verlieren sie ihre Wirksamkeit für die Leistungssteigerung.
Gleichbleibende Belastungen tragen demnach nur zum Erhalt der Leistungsfähigkeit bei, nicht aber zu ihrer Steigerung. Möchte man also seine Leistung steigern, muss in entsprechenden Abständen eine Belastungserhöhung erfolgen.
Möglichkeiten zur Erhöhung der Belastungsanforderungen:
- Erhöhung des Umfanges Bspw.: von 2 x 45 Minuten pro Woche auf 2 x 60 Minuten pro Woche erhöhen
- Anhebung der Intensität Bspw.: Krafttraining mit höheren Widerständen durchführen
- Komplexere ÜbungsausführungBspw.: Kniebeuge anstatt am Boden auf einer Gleichgewichtsplatte durchführen
Der Trainingsstart Für einen wirklich zielgerichteten und effektiven Trainingsprozess ist es wichtig, dass das Training von Beginn an individuell abgestimmt wird. Jede Person bringt verschiedene Voraussetzungen mit und startet mit einer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit. Es gilt unter anderem abzuklären, ob das Herzkreislaufsystem ausreichend belastbar ist.
Hierfür bietet sich die jährliche kostenfreie Gesundenuntersuchung an. Weiters muss der Zustand des passiven Bewegungsapparates in die Trainingsplanung mit einfließen. Es macht einen großen Unterschied ob eine Person schmerzfrei trainieren kann, oder ob es Probleme mit der Wirbelsäule oder diversen Gelenken (Knie, Hüfte, Schulter,…) gibt. Nachdem diese Punkte abgeklärt wurden, ist es wichtig den individuellen Leistungszustand zu ermitteln. Hierfür gibt es unterschiedliche Wege (von simplen Standardübungen bis zu einer sportmedizinischen Leistungsdiagnostik). Es macht Sinn verschiedene motorische Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination) durchzutesten, um hier ein umfassendes Bild des Ist-Zustandes zu erhalten. Im Weiteren spielen die zeitlichen Trainingsressourcen und die Trainingsziele eine entscheidende Rolle. Wichtig ist natürlich, dass diverse Trainings- und Fitnessziele realistisch gesetzt werden, damit die Personen nicht mit der Zeit enttäuscht oder demotiviert sind. Erst durch planmäßiges und vor allem regelmäßiges Training über einen längeren Zeitraum können die Ziele erreicht werden. All diese Puzzlestücke sollten anschließend zusammengefügt werden und das individuelle Training kann gestartet werden.
Gerade zu Beginn des Trainingsprozesses ist es wichtig, dass man gut auf seinen Körper hört und Signale wie beispielweise Gelenksschmerzen oder Kopfschmerzen ernst nimmt.
Jede Person hat eine unterschiedliche Belastungsverträglichkeit. Das bedeutet, eine Person geht beispielsweise 30 Minuten Laufen und hat keine Beschwerden. Im Gegensatz dazu läuft eine weitere Person dieselbe Strecke über 30 Minuten und bekommt davon starke Knieschmerzen. Diese Individualität gilt es zu beachten. Die Grundvoraussetzung für ein gesundes und effektives Training ist natürlich, dass diverse Übungen korrekt durchgeführt werden. Beispielsweise sollte bei Kraftübungen darauf geachtet werden, dass die Position des Rumpfes oder auch der Schultern richtig gewählt wird. Bei Laufanfängern oder auch schon Fortgeschrittenen können ebenso Probleme am Bewegungsapparat (Knie, Lendenwirbelsäule,…) auftreten.
Dem liegt meist eine unsaubere Lauftechnik oder auch muskuläre Dysbalancen (Ungleichgewichte) zugrunde.
Damit es gerade zu Trainingsbeginn nicht zu diesen Beschwerden kommt, macht es Sinn, sich gerade für den Trainings-Start professionelle Unterstützung beispielsweise von einem Sportwissenschafter oder einem erfahrenen Personal Trainer zu holen (www.michael-latzke.at).
Tipps für den Trainingsstart
- realistische Trainings- bzw. Fitnessziele setzen
- Trainingstermine als Fixpunkte im Kalender eintragen
- Unter- bzw. Überforderung vermeiden
- Training auf die eigenen individuellen Gegebenheiten anpassen
- zu Trainingsbeginn stets aufwärmen / mobilisieren
- Kraftübungen sauber und konzentriert durchführen
- professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen Viel Erfolg! Gastbeitrag von: Mag. Michael LatzkeSportwissenschafter, Referent &Personal Trainer mit privater Trainingspraxis www.michael-latzke.at